Vegetationsökologie Tropischer & Subtropischer Klimate (LV von 1986 - 2016)
     
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Florenentwicklung: Plattentektonik und Vegetationsgeschichte

Vorbemerkungen
Bedingungen für Florenentwicklung und -gliederung
Florenreiche als Folge der Plattentektonik
Artenvielfalt und ihre Dynamik im Laufe der Erdgeschichte
  Verständnis von Artenentwicklung und -dynamik
  Makro-Evolution und Dutzende von Massensterben
  Artenendiversität und -dynamik
  Artensterben: Spekulation oder nachgewiesen?
  Artendiversität - das kulturbedingte Kommen und Gehen von Arten
  Einschätzung von Neobiota
  Primitive oder hohe Entwicklung - Was ist schützenswert? >> Alles fliesst, nichts bleibt, noch bleibt es je dasselbe - Das einzig stete ist der Wandel und alles beharrende Sein ist nichts als pure Täuschung <<
(nach Heraklit, 6./5. Jh. v.Chr., aus Ephesus)
  Besiedlungsdichten (Mensch, mitteleurop. Wiesenboden, Wald)
Artspezifische Ausbreitungsmechanismen
Die postglaziale Vegetations- und Klimageschichte
  Unterschätze Bedeutung holozäner Klimaschwankungen
Weitere Hyperlinks & Literatur
   
Neue Seite für lv twk: Klimageschichte und Dynamik des Meeresspiegels
Neue Seite:: Notwendige Anmerkungen zum Klimawandel
 
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Vorbemerkungen
   
 

Die im Zuge der Kolonialisierung erlangten Kenntnisse über die Vegetation anderer Kontinente führten zu den ersten modernen, grossräumigen und globalen Vegetationsbeschreibungen sowie Hypothesen zu Wanderungs- und Verbreitungsdynamiken.

(z.B. Tournefort 1717, Gmelin 1747, Saussure 1779, Willdenow 1792, exemplarisch die Südamerikareise Humboldts ab Juni 1799, Candolles 1855, Grisebach 1872, Ascherson 1883, Drude 1887, Schimper 1898 und viele andere, aus Graebner 1909)

Eine Gliederung der im 1. Jh. v.Chr. bekannten Welt nach Klimazonen beschrieb ansatzweise bereits der antike Historiker und Geograf Strabon (63 bis 23 v.Chr.) in seiner 17bändigen "Geographica". Ihm war die unterschiedliche Intensität der Sonneneinstrahlung als gliedernde Ursache für die abweichende Nord-Süd - Verteilung von Flora und Fauna bekannt. So erklärte er z.B. gewisse Übereinstimmungen der Flora von Taprobane (heute Sri Lanka) und das Zimtland (heute Somalia) mit demselben Breitengrad.
(URL: http://www.ahf-muenchen.de/Tagungsberichte/Berichte/pdf/2004/017-04.pdf und http://de.wikipedia.org/wiki/Strabon) Hinweis
[date of access: 05.10.04]

Im 20. Jahrhundert kamen dann neben zahllosen detaillierteren Beschreibungen auch kausal-ökologische Untersuchungen hinzu. Ganz besonders werden im Rahmen dieser Veranstaltung die umfangreichen vegetationsökologischen Forschungsarbeiten von Heinrich Walter sowie die geografisch-geoökologischen Untersuchungen und Einschätzungen von Jürgen Schultz berücksichtigt.

   
 

Bedingung für das Verständnis von Florenverbreitung und -entwicklung ist die Zurkenntnisnahme einer sich ständig ändernden, d.h. dynamischen Umwelt, besonders eben auch der sehr wechselvollen Florenentwicklung des gegenwärtigen Holozäns, einer Warmzeit (Interglazial).

   
 
Hinweise und Einschätzungen zur dynamischen Umwelt - besonders zur Klimadebatte - finden Sie unter
(mit einer kritischen und ausführlichen Hinterfragung der Relevanz dieser Auseinandersetzung)
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Bedingungen für Florenentwicklung und -gliederung
   
 

Bei der floristischen Gliederung der Erde werden sechs Florenreiche unterschieden, welche sich durch Arealgrenzen von hohem taxonomischen Rang (Familien, Gattungen) auszeichnen.

Hervorgerufen wurden sie durch geographische Grenzen, welche durch die Trennung der Erdschollen = Kontinentaldrift (Auseinanderbrechen der Pangaea  die vor 200 - 250 Mio Jahren einen Superkontinent bildete, in das Gondwana-Land und Laurasia und später in die einzelnen Kontinente) vor ca. 50 bis 180 Mio Jahren ihren Anfang nahm und durch geografische Isolation die Ausbreitung von Diasporen aber auch von Tierpopulationen unterbrach. [date of access: 07.09.04]

In den jeweiligen, nun isolierten Gebieten, fand in der Folge eine eigenständige Phylogenese statt, wobei sich die Organismen in der Aufeinanderfolge der Generationen sukzessive wandelten.


Die einzelnen Erdschollen wurden damit quasi "zu einer eigenständigen evolutionären Schaubühne, und die Tier- und Pflanzenwelt der verschiedenen biogeografischen Reiche entwickelten sich auseinander" (Campbell, 1997, S.506).


Abb. A1-01:

Zu Ehren des Berliner Polarforschers, Geowissenschaftlers und Meteorologen, Alfred Wegener (Abb. rechts), dessen Theorie zur Plattentektonik (Die Entstehung der Kontinente und Ozeane, 1915) erst in den 60er Jahren von der Fachwelt endgültig anerkannt wurde, erschien 1980 eine Briefmarke der Deutschen Bundespost. Zeit seines Lebens wurde er von den "Experten" seiner Zunft bzgl. Theorie zur Plattentektonik diskriminiert und verunglimpft.

   
  Weitere Infos zur Plattentektonik finden Sie unter Hyperlinks & Literatur!
 
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Florenreiche als Folge der Plattentektonik
   
 

Pflanzengeografisch werden folgende Florenreiche unterschieden (vgl. Abb. unten!):

Holarktis (die gesamte aussertropische Nordhemisphäre - es ist das grösste, doch am wenigsten eigenständige Florenreich, in welchem sich kaum endemische Pflanzenfamilien entwickelt haben. Der höchste Artenreichtum wird in den jeweils eisfreien Gebieten während der pleistozänen Vereisung angetroffen);

Paläotropis (tropischer Teil der Alten Welt: Afrika, Indien, SO-Asien und Polynesien, hier ein hoher Anteil eigenständiger bzw. endemischer Pflanzenfamilien);

Neotropis (Tropen der Neuen Welt nördlich und südlich des Äquators in Süd- und Mittelamerika mit einem hohen Anteil endemischer Pflanzenfamilien, besonders charakteristisch sind Cactaceae und Bromeliaceae, die nur hier vorkommen);

Australis (nur Australien als stark isoliertes und völlig eigenständiges Florengebiet, die Gattung Eucalyptus mit ca. 600 Arten kam nur hier vor, Acacia ist mit ca. 400 Arten vertreten);

Antarktis (südlicher Teil Südamerikas, Antarktis, Süd-Neuseeland, ist extrem artenarm, vor allem Flechten und Moose);

Capensis (nur äusserste SW-Spitze von Afrika mit extrem hohem Artenreichtum und vielen Endemiten).

Zwischen Gebieten mit relativ einheitlicher Flora entstanden Florengrenzen, die umso stärker ausgeprägt sind Florenreiche der Erde , je wirksamer und erdgeschichtlich älter diese Ausbreitungsgrenzen sind.



 Abb. A1-02:
"Florenreiche der Erde"

(aus Walter & Breckle, 1983: 11-14, farblich leicht modifiziert!)

 
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Artenvielfalt und ihre Dynamik im Laufe der Erdgeschichte
   
Zum Verständnis der Artenentwicklung und ihrer Dynamik:
   
 

Die Dynamik der Artenentwicklung ist generell abhängig von sich - ständig - verändernden (abiotischen und biotischen) Umweltbedingungen im kleinen und im grossen Massstab.

"We shall best understand the probable course of natural selection by taking the case of a country undergoing some physical change, for instance, of climate. The proportional numbers of its inhabitants would almost immediately undergo a change, and some species might become extinct. We may conclude, from what we have seen of the intimate and complex manner in which the inhabitants of each country are bound together, that any change in the numerical proportions of some of the inhabitants, independently of the change of climate itself, would most seriously affect many of the others.(...)
We have reason to believe, as stated in the first chapter, that a change in the conditions of life, by specially acting on the reproductive system, causes or increases variability; and in the foregoing case the conditions of life are supposed to have undergone a change, and this would manifestly be favourable to natural selection, by giving a better chance of profitable variations occurring; and unless profitable variations do occur, natural selection can do nothing."
(aus: Charles Darwin 1859, On the Origin of Species ..., Chapter IV, Natural Selection, pp.130-131)

Das oft beschworene (oder herbei gesehnte, jedoch nicht existente) ökologische Gleichgewicht wäre der "Tod" jeglicher Evolution.

Gravierende Umweltveränderungen beschleunigen Evolution und Artenentstehung. Wie in dem Abschnitt 'Artenvielfalt und ihre Dynamik ...' anhand von Beispielen aufgeführt, findet Evolution auch gegenwärtig - langsamer oder schneller - statt, "still und unsichtbar wirkt sie, wann und wo immer sich eine Gelegenheit bietet ...". (aus: Charles Darwin 1959, Die Entstehung der Arten, Reclam, S.126)

Nur ist die - zu keinem Zeitpunkt bewertbare !! - Richtung der Evolution kaum vorhersehbar, was sich eigentlich von selbst verstehen sollte..

   
 
  Schmökern Sie doch noch einmal in dem grundlegenden Werk:

Charles Darwin (1859)
On the Origin of Species by Means of Natural Selection, or the Preservation of Favoured Races in the Struggle for Life PDF-File [466 S.], auch wenn sich so diese und jene Annahme nicht bestätigt hat. Hier die vollständige Publikation, im Internet zur Verfügung gestellt von Peter v. Sengbusch. [date of access: 08.05.04]

 Abb. A1-03:   
Charles Darwin als junger Mann und unten in einer zeitgenössischen Karikatur aus dem Hornet Magazine (1871). Erst durch die Unterstützung von T.H. Huxley (Darwin's "Bulldog") konnte sich die Evolutionstheorie in der Wissenschaft durchsetzen und den Anfeindungen des Klerus (z.B. durch "Soapy Sam" - Erzbischof Samuel Wilberforce im Juni 1860) widerstehen.

 


Die exzellent animierte Grafik wurde der HP von Hans-Peter Willig "Die Evolution des Menschen" (mittlerweile offline) entnommen, wo (wohl) auch das Copyright liegt)

   
   
 

Heute lebende Spezies werden als - an die jeweiligen Umweltbedingungen - am besten "angepasste" Arten verstanden. Diese Vorstellung birgt die Gefahr einiger Missverständnisse, welche sich aus dem Begriff 'angepasst' ergeben können. Denn genau genommen sind die heutigen Arten "Überlebende" in der sich ständig wandelnden Umwelt, von der sie (und damit auch wir) nicht wissen (!!) können, wie sie sich zukünftig verändern wird.

Andere Denkweisen (vgl. im übernächsten Absatz die Definition zur Teleologie!) entsprechen dem lange überholten Lamarckismus Hinweis, obgleich dieser durchaus von philosophischen Vertretern grosser Religionen neuerdings in Gegnerschaft zum Darwinismus gerne wieder diskutiert wird. Unabhängig von den, dem frühen 19. Jahrhundert entsprechenden Erklärungsversuchen, gehört Jean-Baptiste de Lamarck Hinweis (übrigens eigentlich ein Botaniker) sicher zu den wichtigsten Begründern der Evolutionstheorie.

Zur durchaus lesenswerten und aktuellen Auseinandersetzung zwischen einem überzeugten Vertreter der Idee des "wissenschaftlich begründeten" "Intelligent Design" (Dr. W.-E. Lönnig, MPG, MPIZ - Köln, Mutations- und Transposongenetiker) und einem Vertreter der "Synthetischen Evolutionstheorie" (Prof. Ulrich Kutschera, Lehrstuhl für Pflanzenphysiologie und Evolutionsbiologie, Institut für Biologie, Universität Kassel), finden Sie hier die Position von Herrn Dr. Lönnig, eine Position, die von dem Autor dieser Seiten nicht geteilt wird (vgl. dazu Urs Willmann in DIE ZEIT vom 30.04.2003 zum Kreationisten Dr. Lönnig). Der Hinweis auf die Auseinandersetzung scheint notwendig, da die Idee des "Intelligent Design" immer mehr Anhänger findet, übrigens nicht nur in den USA. Vgl. Sie auch die Parodie vom "Fliegenden Spaghettimonster".

 
 

Um (genetische) Anpassungsprozesse im teleologischen Sinne (Anpassung sensu strictu an aktuelle Umweltbedingungen ist nur ontogenetisch bzw. nach der Syngamie möglich, siehe weiter unten!) kann es sich also nicht handeln, sondern um das bereits vorteilhafte Vorhandensein einer genetischen Variabilität innerhalb einer Population, welche unter sich verändernden Umweltbedingungen nur jenen Arten ein Überleben ermöglicht, welche - vielleicht auch nicht ganz zufällig - "besser", aber nicht unbedingt optimal, für die neuen Umweltbedingungen ausgerüstet sind - vgl. adaptive Evolution .

Sie sind damit quasi PRÄ-DISPONIERT für unterschiedlichste Umweltveränderungen und erlauben der Population (als Fortpflanzungsgemeinschaft und nur ihr!) die Weiterexistenz. Walter 1968, spricht in diesem Kontext von "PRÄ-ADAPTIERT", ein Begriff, der in dieser VL abgelehnt wird. Eine geringe genetische Variabilität innerhalb einer Population bietet also auch konsequenterweise geringere Überlebensvor
aussetzungen bei drastischen Umweltveränderungen.

Neben der genetischen Variabilität innerhalb einer Population, ist noch die Möglichkeit der phänotypischen Plastizität der Individuen innerhalb einer Art zu nennen. Hier wird ontogenetisch der Phänotyp weniger vom Genotyp bestimmt, sondern auch von den jeweiligen Umweltbedingungen, was zu sehr unterschiedlichen Phänotypen bei gleicher genetischer Ausstattung führt.

 
 

Wie verschiedentlich angedeutet, kann Evolution unter Ausnahmebedingungen auch vergleichsweise rasch erfolgen, wenn z.B. Diasporen oder wenige Individuen einer Population in standortähnliche, jedoch weit entfernte Umwelten gelangen (z.B. durch Hemerochorie , Zoochorie , Semachorie etc. - vgl. weitere Angaben unten) und bereits eine hohe und markante genetische Variabilität besitzen. Erstaunlich also, was manchmal so an "Möglichkeiten in den Pflanzen steckt".

Vergleichen Sie dazu bitte auch die wichtigen Bemerkungen des Biogeographen und Systematikers Ernst Mayr, Hauptvertreter der modernen neodarwinistischen, "synthetischen" Evolutionstheorie - Evolutionary Synthesis -, der Darwinismus und Mendelismus integrierte. Der 1904 in Kempten geborene Harvard-Professor wurde übrigens am 5. Juli 2004 100 Jahre alt.

Vgl. Sie auch zum Komplex Evolution, Theologie und Teleologie:

  • Ernst Mayr (2003) Das ist Evolution.- C. Bertelsmann Verlag, München (378 S., € 23,90, aus dem amerikanischen Englisch von Sebastian Vogel), sehr zu empfehlen als Übersichtswerk.
  • Daniel Dennett (2006) Breaking the Spell: Religion as a Natural Phenomenon.- Viking Books.
  • Daniel Dennett (1995) Darwin's Dangerous Idea: Evolution and the Meanings of Life.- Simon & Schuster, New York.
  • Richard Dawkins (2007) Der Gotteswahn.- Ullstein Verlag. (560 S, € 22.90, aus dem amerikanischen Englisch von Sebastian Vogel)
  • Richard Dawkins (2006) Das egoistische Gen.- Spektrum Akademischer Verlag; Auflage: N.-A. (Oktober 2006)
 
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Makroevolution und Dutzende von Massensterben
   
 

"Motor der Evolution" sowie Ursache der Biodiversität inkl. Artenvielfalt sind ständige Umweltveränderungen. Kontinuierliche, aber auch relativ schnelle Veränderungen der Umwelt gehören zum Charakter der Erdgeschichte und haben die Entwicklung der Flora und Fauna wesentlich geprägt.
Ein "Gleichgewicht in der Natur" gibt es nicht, es ist bestenfalls eine sehr kurze "Pause zwischen zwei Desastern" (oder sogenannten "Katastrophen") wie Prof. Josef H. Reichholf treffend bemerkte.
Sogenannte Ökosysteme sind mitnichten Organismen und "die romantischen Bilder von Gleichgewicht, Harmonie und Kreislauf führen in die Irre" (vgl. Kehl 2003)
.

Einerseits verlief die Makroevolution der Flora und Fauna auf den auseinander strebenden Kontinenten keineswegs kontinuierlich, und andererseits wurde sie im Laufe der Erdgeschichte mehrmals durch einschneidende Umweltveränderungen mit einhergehenden Massenaussterben unterbrochen (vgl. Michael J. Benton (2003) When life nearly died.- Thames & Hudson, London). 

12 solcher Ereignisse können sicher nachgewiesen werden, wobei die Ursachen und die genauen Datierungen nicht immer klar sind und aktuell intensiv diskutiert werden (vgl. "Streit um das Ende der Dinosaurier" von Erwin Lausch in Spektrum der Wissenschaft, August 2004, S. 62).

   
 

Beispielhaft hier drei Massensterben:

Cretaceous-Tertiary extinction, about 65 million years ago, probably caused or aggravated by impact of several-mile-wide asteroid that created the Chicxulub crater now hidden on the Yucatan Peninsula and beneath the Gulf of Mexico. Some argue for other causes, including gradual climate change or flood-like volcanic eruptions of basalt lava from India's Deccan Traps. The extinction killed 16 percent of marine families, 47 percent of marine genera (the classification above species) and 18 percent of land vertebrate families, including the dinosaurs over a time period of 100,000 years.

End Triassic extinction, roughly 199 million to 214 million years ago, most likely caused by massive floods of lava erupting from the central Atlantic magmatic province -- an event that triggered the opening of the Atlantic Ocean. The volcanism may have led to deadly global warming. Rocks from the eruptions now are found in the eastern United States, eastern Brazil, North Africa and Spain. The death toll: 22 percent of marine families, 52 percent of marine genera. Vertebrate deaths are unclear.

Permian-Triassic extinction, about 251 million years ago. Many scientists suspect a comet or asteroid impact, although direct evidence has not been found. Others believe the cause was flood volcanism from the Siberian Traps and related loss of oxygen in the seas. Still others believe the impact triggered the volcanism and also may have done so during the Cretaceous-Tertiary extinction. The Permian-Triassic catastrophe was Earth's worst mass extinction, killing 95 percent of all species, 53 percent of marine families, 84 percent of marine genera and an estimated 70 percent of land species such as plants, insects and vertebrate animals. (Zusammenstellung aus verschiedenen Quellen, hauptsächlich Lee Siegel, vgl. unten!)

   
 

Die jeweiligen "Massensterben" konnten sich jedoch über mehrere zehntausend, oder auch hundertausend Jahre hinziehen, was trotzdem geologisch kurze Zeiträume sind.

Hier einige Publikationen dazu im Internet: [last date of access: 08.02.2013]

"The Five Worst Extinctions in Earth's History" von Lee Siegel (Artikel ist offline)
BBC - Education: "The Mass Extinctions", gute Populär-Quelle (Artikel ist offline)
"Dutzende von Massensterben in der Erdgeschichte" von NZZ - Online - Forschung - Technik (Artikel ist offline)
Extinction events - Wikipedia (engl.) Hinweis
"Speciation and Mass Extinction" - von Indiana & Purdue University (IUPUI), Dept. of Biology (Artikel ist offline)

Weitere Literatur zum Thema:

  • Renne, P.R. et al. (2013) Time Scales of Critical Events Around the Cretaceous-Paleogene Boundary.- Science 8 February 2013: Vol. 339 no. 6120 pp. 684-687 / DOI: 10.1126/science.1230492 [date of access: 08.02.2013]
  • Rohde, R.A. & R.A. Muller (2005) Cycles in fossil diversity.- Nature 434: 209-210. (10 March)
  • Keller et al. (2004) Chicxulub impact predates the K-T boundary mass extinction.- Proc. Nat. Acad. Sc. U.S.A., Vol. 101, No. 11: 3753-3758 (March 16)    [K-T = Cretaceous-Tertiary boundary 65 million years ago]
 
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Artendivertsität und Dynamik
   
 

Weit über 99% aller Arten (Art ist gleichbedeutend mit eigenständiger Population als Fortpflanzungs-Gemeinschaft), welche im Laufe der Evolution entstanden, existieren heute nicht mehr.

Die Artenvielfalt war auf der Erde wohl noch nie grösser als aktuell (evtl. mit "Ausnahme des letzten Viertels des Tertiärs, vor etwa 15 bis 3 Millionen Jahren, als die Eiszeit begann" - nach Reichholf, WWF, in  Gleich et al. 2000: 132).

Die Lebenszeit einer Art kann weit weniger als eine, oder auch weit mehr als zehn Millionen Jahre betragen.

  • Beispiel:
    • Die Gruppe der heute bekannten etwa 9.500 Ameisenarten lässt sich z.B. etwa 100 Millionen Jahre bis in die Kreidezeit zurück verfolgen. Das Alter der aktuellen Arten ist jedoch geringer.

Bzgl. Artenentwicklung ist es auch gegenwärtig so, dass Evolutionsprozesse ständig ablaufen. Ihre Geschwindigkeit ist abhängig von neuen Standortgegebenheiten einer sich permanent wandelnden Umwelt, d.h. den zur Verfügung stehenden Ressourcen und der Dynamik des jeweiligen Genpools (vgl. Kehl 2003). Bekannt sind Beispiele aus dem Viktoria-See, wo sich innerhalb weniger Jahrtausende viele Buntbarsch-Arten entwickelten.

Aber auch in unseren Breiten zeigen vor allem Neophyten ein hohes Tempo bei der Entwicklung neuer Arten. Als Beispiel soll hier die kanadische Goldrute
Solidago canadensis  L. genannt werden.

* * *

Über die Anzahl der weltweit aktuell lebenden Arten gehen die Meinungen unter Fachleuten weit auseinander. Bekannt sind bisher etwa 1,75 Millionen Arten.

  • Das WCMC (World Conservation Monitoring Centre) nennt in der Studie "Life Counts (2000) Hinweis etwa 17 Millionen Arten, dagegen nimmt der Biodiversitätsforscher Edward O. Wilson etwa 100 Millionen Arten an (vgl. dazu auch Angaben bei WIKIPEDIA   [date of access: 07.09.04] Hinweis). Ganz sicher sind es noch weit mehr, da besonders die Lebenswelten (Habitate) der Mikroorganismen bisher nur fragmentarisch bekannt sind.

  • Aktuelle Schätzungen übertreffen die bisherigen um ein Vielfaches: "Die Gesamtzahl der Arten, Bakterien und Einzeller eingeschlossen, liegt wahrscheinlich eher bei einer Milliarde", sagt John Baross von der University of Washington, Chef des wissenschaftlichen Beirats von ICoMM Link(International Census of Marine Microbes). (nach LinkSPON, vom 19.04.2010) [date of access: 19.04.10]

  • Mikroorganismen, auch Mikroben genannt, z.B. Bakterien, wurden in Gesteinen einige Kilometer unter der Erdoberfläche nachgewiesen (bis zu einer Tiefe von 6.000m), vgl.
    Link Leben im Tiefengestein, von J.K. Frederikson & T.C. Onstott, in SdW 12 (1996). "[date of access: 31.12.06]


  • Mittlerweile kann als gesichert gelten, dass Lebensräume für thermophile, anaerobe Mikroorganismen (Archaebakterien) in wesentlich grössere Tiefen reichen - vor allem in Sedimenten - als bisher gedacht. So wurden in einer vergleichsweise geringen Tiefe von 400m in einem Kohlenflöz in Deutschland noch ca. 1.000 Bakterien in einem Gramm (!) Kohle nachgewiesen.

  • Hinzu kommen extremophile Bakterien in "Lebensräumen wie kochend heissen Quellen (bis zu 113°C), schwefelsauren Schlammlöchern (bis zu pH 0) oder hochkonzentrierten Salzlaken (bis zu 25% NaCl)" sowie im Bereich von Hydrothermalquellen in der Tiefsee, vgl..
    Link Life in the deep rocks, and the deep fossil record, by Ariel A. Roth, in Origins 19(2):93-104 (1992) [date of access: 19.04.10]
    Link "Der heisse Ursprung des Lebens", von M. Russell, in SdW 01 (2007). [date of access: 31.12.06]

Den spekulativen Charakter aller bisherigen Schätzungen machen die Untersuchungen eines internationalen Teams von Wissenschaftlern an Arthropoden in Neu Guinea deutlich:

"An eight-year National Science Foundation-funded study of New Guinean rainforest plants and the insects that feed on them has yielded a new and dramatically lower estimate of the number of species on the planet. The estimate, which lowers the number of species from approximately 31 million to between four and six million, is based on the finding that insects specialize their feeding not on individual species of plants, but on genera and even families of plants. In "bringing some reality" to estimates of world biodiversity, the study allows scientists to get a better handle on how fast species are being lost, said University of Minnesota plant biologist George Weiblen, the principal plant expert on the research team."
(Zitat aus Nature 416, 841-844 [25 Apr 2002] Letters to Nature) [date of access: 17.02.05, offline] - Aktuell unter: Novotny, V. et al. (2007) Low beta diversity of herbivorous insects in tropical forests.- Link Nature 448, 692-695 (9 August 2007) [date of access: 28.10.11]

 
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Artensterben: Spekulation oder nachgewiesen?
   
 

Zu ausgestorbenen und demnächst aussterbenden Tier- und Pflanzenarten kursieren die unterschiedlichsten Zahlen und "wildesten Spekulationen". Erschreckend ist dabei ein Wettbewerb um die argumentativ am besten und hoch dramatisierend vorgetragenen, zukünftigen Aussterberaten. Und folgt man den Medien, dann wartet das nächste Arten- bzw. Massensterben globalen Ausmasses auf die Menschheit durch "Global Warming". Und zwar ausschliesslich anthropogen bedingt.

Der Publizist Dr. Wolfgang Pauser schrieb in einem bemerkenswerten und ironisch-sarkastischen Beitrag mit dem Titel "Alles ist immer gefährdet" zum ständigen Gerede um das Artensterben in DIE ZEIT vom 22.09.1995, S.89 (ein sehr unterhaltsamer Artikel, der nach wie vor hoch aktuell ist):

"Die Vielfalt der Natur, aber auch der Kultur sind entstanden aus der Veränderungs- und Überwindungsdynamik, nicht aus Konservierung. Schont und hegt man sie, so nimmt man ihr paradoxerweise die Entfaltung ihrer Möglichkeit. Gerettete Natur ist keine mehr, denn sie ist um ihr eigenes Prinzip gebracht."

   
   
 

Generell ist dazu festzuhalten:

  • Alle Zahlenangaben bzgl. zukünftiger Aussterberaten (ob relativ oder tatsächlich, auch in seriösen Journalen und Fachbüchern) sind (und müssen) Spekulationen sein, da sie sich auf Hypothesen zur Artenvielfalt auf der Erde berufen. (siehe oben!)

  • Im 20. Jahrhundert sind weit weniger Tier- und Pflanzenarten verloschen als z.B. im 19. und 18. Jahrhundert (vgl. Müller, Paul (1996) Allgemeines Artensterben - ein Konstrukt? - Arch. Nat.-Lands. 36: 223-252).
   
 

Insgesamt, d.h. weltweit, sind zwischen dem 16. Jhd. und Ende des 20. Jhd. nachweislich zwischen

600 und 650 Tierarten   (nach IUCN genau 626, vgl. Groombridge, B. (ed.) 1994: IUCN Red List of Threatened Animals. IUCN, Gland, Switzerland)   - andere Zählungen kommen auf 484 Tierarten, z.B. der folgend genannte Report! - und
ca. 650 Pflanzenarten   (nach UNEP / U.S. NASA / World Bank, 1997 "Protecting Our Planet, Securing Our Future") ausgestorben.

   
 
  • Obwohl die Regenwälder SO-Asiens, Afrikas und S-Amerikas stark reduziert wurden, konnte bisher keine Art benannt werden, die völlig verloschen ist. Viele Arten, die lange nicht mehr nachgewiesen werden konnten, tauchen plötzlich wieder auf. Völlig unabhängig davon ist wohl davon auszugehen, dass etliche Populationen in ihrem Bestand stark reduziert wurden.

 

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Gradient der Biodiversität von den Polen zum Äquator:

Global nimmt die Biodiversität (in der Abb. bzgl. Artenreichtum von Vögeln !) von den Polen zu den Tropen zu. "Es ist [...] möglich, dass langfristige und zyklische Klimaveränderungen einen Gradienten von den Tropen zu den Polen generieren. Modelle der Nischenanordnung erklären ebenfalls tropische Biodiversität. Die verstärkte Habitataufteilung könnte jedoch das Ergebnis und nicht der Grund des Artenreichtums sein."
(vgl. Turner, J.R.G. 2004: 436).



 Abb. A1-04:

Gradient der Biodiversität
(aus Turner 2004: 436, leicht modifiziert)


Zur Bedeutung der biologischen Vielfalt bzw. Biodiversität hier zwei Statements:

  • von Edward O.Wilson
  • von Hubert Markl

Vgl. Sie auch: Josef H. Reichholf (1995) Überfluß oder Mangel: Was verursacht die Artenvielfalt der Tropenfauna?
Rundgespräche der Kommission für Ökologie
, Bd. 10 "Tropenforschung" S. 105-114.

   
   
  Eine grundsätzliche Bemerkung:
"Häufig wird auch heute noch bei Ökosystemen mit grosser Artenvielfalt eine hohe innere Stabilität assoziiert. Widerlegt wurde die Diversitäts-Stabilitäts-Hypothese aber bereits in den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts. Es konnten sehr unterschiedliche Belastungsfähigkeiten von Systemen aufgezeigt werden, die hier im einzelnen nicht dargestellt werden können." >>> mehr
[date of access: 17.02.04]
 
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Artendiversität - das Kommen und Gehen von Arten unter dem Einfluss des Menschen:
   
  Die anthropogen bedingte Vegetationsdynamik - d.h. Veränderung der Artenzusammensetzung - ist wesentlich verantwortlich für die hohe Artendiversität - d.h. Artenmannigfaltigkeit pro Flächen- bzw. Raumeinheit - in Kulturlandschaften. Einige Bemerkungen zum beklagten Kontrollverlust.
   
 

Riesen-BärenklauGenerell werden alle Pflanzen, die in einem Gebiet nicht "heimisch" waren bzw. sind und sich durch direkten oder indirekten menschlichen Einfluss (vgl. Hemerochorie) etablieren konnten, Adventivpflanzen (Ansiedler) bzw. Neophyten genannt (Neobiota ist der generelle Begriff für gebietsfremde Pflanzen und Tiere).

In vor- und frühgeschichtlicher Zeit, speziell mit dem Beginn des Ackerbaus und der Sesshaftwerdung vor etwa 10.000 Jahren im östlichen Mittelmeerraum, wurden nicht nur agrarisch nutzbare Pflanzen, sondern auch deren Begleiter (Segetal- und Ruderalpflanzen) weit von ihren Ursprungsarealen in nördlich gelegene Landschaften eingeführt. Diese Pflanzen werden Archaeophyten (Alt-Pflanzen) genannt.


 Abb. A1-05:

Der schöne, aber bei einigen Menschen
Allergie-auslösende Riesen-Bärenklau -
Heracleum mantegazzianum - ein "invasiver" Neophyt (vgl. unten!) aus dem Kaukasus, der im 19. Jahrhundert in Mittel- und Westeuropa als Zierpflanze eingeführt wurde
(Die Angaben von Wikipedia zur Giftigkeit der Pflanze werden nicht ausreichend belegt). Eine Populationsbiologische Untersuchung von Heracleum mantegazzianum wurde von Jörg Hüls im Rahmen seiner Dissertation (2005) durchgeführt. PDF-File [216 S.]

  Neophyten in Deutschland, von denen einige weit verbreitet sind:
Solidago canadensis  L. / die Kanadische Goldrute (S-Kanada)
Robinia pseudoacacia L. / die Gewöhnliche Robinie (N-Amerika)
Impatiens glandulifera Royle / das Drüsige Springkraut (N-Indien)
Impatiens parviflora DC. / das Kleine Springkraut (Tadschikistan, Kaschmir)
Oenothera biennis L. / die Gemeine Nachtkerze (N-Amerika)
Ailanthus altissima (Mill.) Swingle / der Götterbaum (NO- und Zentral-China, Taiwan)
Mahonia aquifolium L. / die Mahonie (westliches N-Amerika) - eher selten ausserhalb der Gärten
  Prunus serotina Ehrh. / die späte Traubenkirsche (N-Amerika)
Quercus rubra L. / die Rot-Eiche (NE- bis südliches N-Amerika, Kanada)
 
Ambrosia artemisiifolia L. / Beifußblättriges Traubenkraut (Nordamerika)
etc.
   
 

Des weiteren gelangten - beabsichtigt oder unbeabsichtigt - mit der europäischen Entdeckung (seit Jahrtausenden von Nicht-Europäern besiedelter) und Kolonisierung ferner Kontinente (Kolumbus erreicht Amerika 1492, Beginn der Neuzeit) auch Diasporen der jeweiligen Floren z.B. nach Europa (und vice versa), welche hier als Neophyten (Neu-Pflanzen) bezeichnet werden und die floristische Zuammensetzung der jeweils einheimischen Vegetation oft nachhaltig veränderten und in aller Regel zu einer kontinuierlichen Erhöhung der floristischen Artendiversität beitrugen.

Archaeophyten und Neophyten werden von jenen einheimischen Arten (Indigene) abgegrenzt, welche postglazial "aus eigener Kraft" einwanderten, d.h. nicht anthropogen bedingt. Bedenkt man jedoch die Tatsache eines auch in Mitteleuropa während der Eiszeit ständig anwesenden und wandernden Menschen, der die verschiedensten essbaren und nicht essbaren Früchte sowie Pflanzen (und damit Diasporen) mit sich führte, dann ist seine vielfältige Mitwirkung bei der postglazialen Neubesiedlung der Landschaften sehr wahrscheinlich. Vgl. dazu Bonn & Poschlod (1998) und Lang (1994).

Im Naturschutz wird ausserdem noch bei den Neophyten von sogenannten "Invasiven Arten" gesprochen. Von 1.000 eingeführten oder eingeschleppten Arten wird nur eine "invasiv". Dabei handelt es sich um Taxa, welche "unerwünschte" Wirkungen auf vorhandene Lebensgemeinschaften oder Biotope, oder auch ökonomische Nachteile haben (siehe Anmerkungen weiter unten zur Einschätzung von Neobiota!).

Zu bedenken bei der Einschätzung von Neobiota ist auch deren unterschiedliche und sich wandelnde ökonomische Bedeutung. So trat die vor etwa 100 Jahren eingeschleppte Chinesische Wollhandkrabbe (Eriocheir sinensis) als Plage der Fischer in den norddeutschen Mündungsgebieten grosser Flüsse auf, da sie deren Fang reduzierte und auch deren Netze zerstörte. Heute wird diese Krabbe in grossem Massstab gefangen und bereichert als Delikatesse nicht mehr nur die chinesische, sondern auch die deutsche Gastronomie. Nähere und sehr detaillierte Angaben in Wikipedia Hinweis

   
  1998 schrieben Sukopp & Zerbe, dass in Deutschland insgesamt ca. 45.000 Tier- und 27.000 Pflanzenarten vorkommen. Nach einer Studie des Bundesamtes für Naturschutz (BfN) von 2004 leben in der Bundesrepublik Deutschland zurzeit bereits etwa 48.000 Tierarten. In der Bilanz - so das BfN - sind das etwa 4.000 mehr als noch vor zwanzig Jahren. Deutschland, ein Einwanderungsland, aus einer völlig neuen Perspektive?
   
  Ein Artensterben konnte bisher nicht nachgewiesen werden, wohl aber eine Dynamik der Populationen.
   
   
Totgesagte leben länger und Neu-Ankömmlinge oft viel besser:
   
 

Dass Tier- und Pflanzenarten durch vom Menschen modifizierte Umweltbedingungen in vielen Landschaften nicht mehr anzutreffen sind bzw. verdrängt wurden, ist hinreichend bekannt. Wenn auch häufig stark dezimiert, werden diese Arten in anderen Landschaften nach wie vor nachgewiesen. Die Ursachen wurden vielfältig beschrieben und müssen an dieser Stelle nicht erläutert werden.

Vgl. Sie dazu auch "ausgerottete Grosswildtierarten" PDF-File [9 S.], "Bemerkungen zum Verhältnis Tier - Mensch" PDF-Fileund externer Link "Die Grosstierfauna Europas und ihr Einfluss auf Vegetation und Landschaft" PDF-File [118 S.], von Axel Beutler. Zur modischen Sorge um das Bedrohte hier noch einmal der ironische Beitrag von Pauser "Alles ist immer gefährdet" aus dem obigen Abschnitt "Artensterben - Spekulation, oder nachgewiesen?"

Oft werden Arten zufällig oder auch nach langem Suchen wieder "neu entdeckt", die bereits als "verloschen", "verschollen" oder auch als "ausgestorben" be- oder abgeschrieben wurden. Hier nur sehr wenige Beispiele:

  • Riesen-Rappenantilope (Hippotragus niger variani) - Afrika: etwa 1981 zuletzt gesehen, 2006 wieder nachgewiesen,
  • Java-Nashorn (Rhinoceros sondaicus) - z.B. Vietnam: in den 1990er Jahren wieder nachgewiesen,
  • Moschusochse (Ovibos moschatus) - Banks Island (Canada) galt 1950 als ausgestorben, heute leben dort 160.000 Tiere,
  • Kröte Huia-Stummelfuss (Atelopus ebenoides marinkellei) - Kolumbien: 2006 wieder nachgewiesen,
  • Annam-Schildkröte (Mauremys annamensis) - Vietnam: 2006 wieder nachgewiesen,
  • Hummelragwurz (Ophrys holoserica) - Deutschland / Rhön): in den letzten Jahren wieder nachgewiesen,
  • Tulpe Tulipa aximensis in der Schweiz / Wallis: in den letzten Jahren wieder nachgewiesen,
  • Moos Dichelyma spec. (2 Arten) - Deutschland: 1996 wieder nachgewiesen, etc. etc.
   
 

Modifizierte Umweltbedingungen können auch zu raschen Evolutionsprozessen bzw. zu einem hohen Selektionsdruck führen. So konnte sich anfänglich die grosse und giftige, aus Hawaii 1935 nach Australien Zuckerrohr-Kröteeingeführte (nicht eingeschleppte), Zuckerrohrkröte (Bufo marinus bzw. Aga-Kröte) wegen fehlender Feinde ungeheuer rasch ausbreiten. Mittlerweile sollen sie ein Gebiet von mehr als einer Million km² dominieren.


 Abb. A1-06:
Bufo marinus L.
Bildquelle/Copyright CSIRO
(stark verändert)

[last date of access: 21.11.12]

Innerhalb von etwa 70 Jahren sollen sich jedoch, nach einer Untersuchung von Ben L. Phillips and Richard Shine (Sydney University, School of Biological Sciences), bei zwei einheimischen Schlangenarten Fähigkeiten entwickelt haben, welche dem Krötengift widerstehen. Darüber hinaus stehen die Kröten nun auch auf ihrem Speiseplan. Ausführliche Besprechung in spektrumdirekt [date of access: 14.07.06]

Sie schreiben daher: "The arrival of invasive species can devastate natural ecosystems, but the long-term effects of invasion are less clear. If native organisms can adapt to the presence of the invader, the severity of impact will decline with time." Vgl. dazu: "Adapting to an invasive species: Toxic cane toads induce morphological change in Australian snakes" (2004) in PNAS (Proceedings of the National Academy of Science).
[date of access: 01.02.05]

Die Kröten selbst sollen in der Zwischenzeit längere Hinterbeine entwickelt haben und sich 5x schneller ausbreiten als nach ihrer Einführung. Die Studie "Invasion and the evolution of speed in toads" von Benjamin L. Phillips et al. (2004) erschien in "Nature" (Band 439, S.803; doi:10.1038/439803a), auch in: Proceedings of the National Academy of Science 10.1073/pnas.0406440101 - Besprechung in spektrumdirekt [date of access: 14.07.06]

   
   
 

WaschbärAuch wenn häufig von einer gelungenen Integration des in den 30er Jahren (1934 als Pelzlieferant) eingeführten und mit mittlerweile weit über 100.000 Exemplaren weit verbreiteten nordamerikanischen Waschbären (Procyon lotor - ein Neozoe) in Mitteleuropa gesprochen wird (NABU, GWN), so ist die Begeisterung doch nicht überall gleich gross, z.B. Jagdnetz und Umweltbundesamt Österreich:

Zitat: "Unter den Wirbeltieren sind Waschbär, Marderhund, Mink (...) als potenziell invasive Bedrohung der autochthonen Biodiversität zu erwähnen."
[date of access: 05.02.05]


 Abb. A1-07:

Der nordamerikanische Waschbär -Procyon lotor L., hier am nördlichen Stadtrand von Berlin als ungebetener Gast.
Foto © 2011 H.Kehl


Andere Stimmen beurteilen Neobiota abwartender, so z.B. das Land Berlin: "Im Land Berlin gibt es bisher keine nachgewiesenen Fälle, bei denen eine heimische Art durch exotische Arten ausgerottet wurde - zu komplex sind dabei oft die möglichen Wirkungsmechanismen."
[date of access: 09.02.05]

 
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Einschätzung von Neobiota:
   
 

Bei der Einschätzung von Neobiota spielt oft eine Rolle, ob sie zu den "Lieblingen der Menschen" (Gleich et al. 2000: 19) Hinweis / avancieren. Arten geringer Attraktivität (evtl. die giftige Kröte oben?) haben nur geringe Chancen, der putzige Waschbär hat es dagegen wesentlich besser. Und dies völlig unabhängig davon, welche Bedeutung sie - kurz- bis mittelfristig - für die autochthone Biodiversität besitzen bzw. besitzen können.

Wenn auch kontinuierliche und mittel- bis langfristige Wechsel der Artenzusammensetzung zur Dynamik jeglicher Flora und Fauna gehören (wie sich aus den Bemerkungen zur Klimadynamik leicht erschliessen lässt), können - aus der Perspektive des wirtschaftenden und status quo sichernden Menschen - neu hinzukommende Arten (z.B. die o.g. Zuckerrohrkröte,r der Riesen-Bärenklau und der Waschbär) einen wesentlichen - auch negativen - Einfluss auf bestehende Ökosysteme haben, die unmittelbarer Teil menschlicher Umwelt sind. Wobei die Bewertung der Zuwanderer selbstredend wiederum nur - kurzatmig - anthropozentrisch utilitaristisch sein kann. Und zwar im Sinne eines verantwortungsethischen Utilitarismus, also einem teleologischen Konzept folgend. Zur Ökologie-Ethik evtl. Prinzip Verantwortung von Hans Jonas (2003) lesen! Bedenken Sie jedoch, dass Hans Jonas († 1993) als Religionsphilosoph und Metaphysiker als Begründer jenes Umweltbewusstseins gilt, bei welchem Tiere - wenigstens moralisch - auf der gleichen Stufe wie Menschen stehen.

   
   
 

Die Bedeutung sogenannter Invasiver Neophyten und Neozoen in Mitteleuropa hat an unserem Institut Prof. Ingo Kowarik untersucht und 2003 in einer umfangreichen Studie im Verlag Ulmer (320 S.) publiziert. Seit 2002 erscheint zum Thema eine Schriftenreihe mit dem Titel "Neobiota" der Arbeitsgemeinschaft biologische Invasionen (seit 1999), Herausgeber sind Prof. Ingo Kowarik und Dr. Uwe Starfinger, TUB, Inst. f. Ökologie, Berlin.

Auf internationaler Ebene beschäftigt sich die "Invasive Species Specialist Group" (ISSG) der "World Conservation Union" (IUCN) intensiv mit den unterschiedlichen Aspekten eingewanderter oder eingeschleppter Arten.
[date of access: 07.10.2005]

Anmerkung:
Bei der Verwendung von martialischen Begriffen für die Beschreibung von sogenannten "invasiven" Neophyten, die im "Konkurrenzkampf" gegen "einheimische Arten" "siegreich" sind und den "mit allen Mitteln" zu ergreifenden Massnahmen zur "Bekämpfung", oder sogar "Vernichtung" der oft als "Exoten", "Unkraut", "Fremdlinge", "Eindringlinge" oder "fremdländische Arten" bezeichneten Taxa zum Schutz der "einheimischen Arten", werden Erinnerungen an einen Sprachgebrauch wach, der sonst mit gutem Recht anderswo als politisch nicht korrekt bezeichnet werden kann. Hier ist m.E. ein kritisches Nachdenken notwendig, auch wenn es sich nur (!?) um Pflanzen oder Tiere handelt, da sich hinter dieser Begrifflichkeit normative und "kulturelle Sinnkontexte" (Konnotationen) verbergen, wie sie
Stefan Körner (2001),Josef H. Reichholf (2014) und neuerlich Bernhard Wiens in Telepolis (am 8. März 2020) zutreffend beschrieben haben.

Josef Reichholf schreibt u.a. sehr zu recht: „Die pseudobiologische, unökologische Verdammung der fremden Arten fördert mit ihren Ausdrucksweisen und Argumenten die allgemeine Fremdenfeindlichkeit.“

Bernhard Wiens weist aktuell unter dem Titel "Vom Heimatschutz über den Naturschutz zum Schutz der Rasse" darauf hin, dass "Die Abgrenzung der Natur- und Umweltschutzbewegung nach rechts [...] brüchig (ist)". [date of access: 08.03.2020]

   
 
   
 

Zur Frage "Welche Natur wir eigentlich schützen wollen", nahm der an den beiden Münchener Universitäten Biologie und Naturschutz lehrende - und oben bereits erwähnte - Prof. Josef H. Reichholf häufiger Stellung, so auch in dem bereits im März 2005 im C.H.Beck - Verlag (224 S.) erschienenden Buch "Die Zukunft der Arten - Neue ökologische Überraschungen", speziell zu den Zielen und Irrtümern des modernen Naturschutzes.

Bereits 1996 fragte Reichholf in dem Artikel "Wie problematisch sind Neozoen wirklich?" (in: Gebietsfremde Tierarten. Gebhardt, Kinzelbach, Schmidt-Fischer (Hrsg.), 1996, S. 37-48). Im Oktober 2000 fand im Rahmen der Rundgespräche der Kommission für Ökologie, veranstaltet von der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, eine Tagung mit dem Thema "Gebietsfremde Arten, die Ökologie und der Naturschutz" statt. Die Rundgespräche sind als Band 22 (2001) erschienen und bei dem Verlag Dr. Friedrich Pfeil erhältlich.

In einem aktuellen Artikel mit dem Titel "Artenschutz: Die bösen Fremdlinge in der Natur" erklärt Reichholf, "dass Abgrenzungen zwischen „fremden“ und „heimischen“ Arten rein künstlich sind" und fragt: "Steht hinter der biologischen Debatte auch ein ganz anderes Problem?" [date of access: 09.09.14]

Die Auseinandersetzung und unterschiedliche Positionierung von konservativem Naturschutz und liberal-konservativen Auffassungen kommentierte Stefan Körner (2001). Hier geht's zum externer Link  Artikel PDF-File 18 Seiten [date of access: 22.02.05]

 
 
   
 

Abseits der fachlichen Auseinandersetzung hat erst kürzlich Hans Schuh in DIE ZEIT (vom 20.01.2005, Nr.4) den - teilweise verbissen geführten - Streit der unterschiedlichen Interessen und Einschätzungen auf eine süffisant-sarkastische, doch sehr vergnügliche Art beschrieben.
Hier geht's zum externer Link  Artikel [date of access: 20.09.06]

:
Wie schwierig es sein kann, einerseits den Artenschutz ernst zu nehmen und andererseits gleichzeitig die Gefährdung des Menschen durch grosse Raubtiere zu verhindern, zeigt die Posse um den sogenannten "Problem-Bären" (Bruno bzw. JJ1) im Sommer 2006. Dem erstmals nach 171 Jahren in dem relativ stark besiedelten österreichischen und deutschen Alpenraum eingewanderten Braunbären (einer in dieser Region ehemals einheimischen, aber durch den Menschen verdrängten Art) wurde eine "Verhaltensauffälligkeit" attestiert, was seinen Abschuss Ende Juni legitimierte (er hatte mehr Schafe gerissen als zugestanden und Hühnerställe geplündert, aber nicht unbedingt die Nähe des Menschen gesucht, denn lange Zeit war es trotz grosser Anstrengungen nicht möglich, ihn zu finden).

Des weiteren dazu aus dem ZDF-Heute.De-Magazin vom 24.05.2006: "Der Deutsche Naturschutzring nannte die Abschusserlaubnis bayerischer Behörden "typisch deutsch". Präsident Hubert Weinzierl sagte: "Wir machen uns weltweit lächerlich." Schnappauf [Umweltminister Bayerns, Anm. Autor] müsse seine Anordnung zurückziehen."

Sehr deutlich wird hier die Zuordnungshoheit, was als natürlich, unnatürlich, akzeptabel und eben nicht akzeptabel zu gelten hat. Das ureigene Verhalten der Tiere spielt dabei keine Rolle (wenn es sich nicht gerade um vergleichsweise ungefährliche Kröten handelt), sondern ausschliesslich die Kontrolle darüber. D.h. sogenannte "Natürlichkeit" darf in unserer Kultur nur unter Kontrolle stattfinden, z.B. in gut mit Zäunen gesicherten Reservaten, sozusagen den tierischen Paradiesen, wo der Mensch als gefährlichstes Raubtier (Charles Darwin, Friedrich Nietzsche) nun sich selbst ausschliesst, was nicht ohne Komik ist und sicher mit viel Ironie gesehen werden darf.

   
   
 

Zuletzt noch eine generelle - wohl eher philosophische - Bemerkung zur Arterhaltung:

"Auch [...] Evolutionsprozesse haben mitnichten etwas mit teleologisch verstandener 'Anpassung' an Standorte zu tun [...], sondern folgen ausschliesslich dem Prinzip genetischer Variabilitätspräsenz, sind also unabdingbare Voraussetzung zum 'Weiterexistieren' von Informationsträgern (den jeweiligen Arten) in sich wandelnden Umwelten. Ausserdem kann überhaupt kein Zweifel daran bestehen, dass das Prinzip Leben überhaupt nicht zur Erhaltung von Arten führt [...], sondern ausschliesslich eine Verwirklichung der Erhaltung genetischer Information in sich wandelnden Transport- und Reproduktionseinheiten darstellt." (aus externer LinkKehl 2003)

Vgl. dazu auch Richard Dawkins (1994) Das egoistische Gen.- Spektrum Akademischer Verlag.
Hier geht's zur externer LinkBesprechung des Buches in WIKIPEDIA    [date of access: 07.03.05] Hinweis

 
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"Primitive" oder "hohe" Enwicklung - Was ist schützenswert?
   
 

Bei der Beurteilung der den Menschen umgebenden und von ihm, aus legitim egoistischen Motiven, zu schützenden "Mitorganismen" - Pflanzen oder Tieren -, wird der Streit um Relevanzen in aller Regel emotional und in dem Gefühl der Definitionshoheit - von Kultur zu Kultur unterschiedlich (jedoch zunehmend aus westlicher Perspektive) - ausgetragen. Was ist schützenswert und was darf vernachlässigt werden? Was bezeichnen wir z.B. als "Invasoren" oder willkommene Neuankömmlinge, welche Population gilt es zu steuern? Im Konzert der vielen uns umgebenden (Mit-)Arten spielt die Selbstdefinition des Homo sapiens sapiens als "über den Tieren" stehend (sogar ausserhalb der Natur, weil so überaus entwickelt), eine besonders gravierende Rolle, weil von so grossem Einfluss auf andere Organismen.

Dazu ein aktuelles - und durchaus provokatives - Zitat bzgl. Faunenentwicklung und der typisch anthropozentrischen Einschätzung von "primitiver" und "hoher" Entwicklung von Robert Sapolsky

(Prof. für Biologie und Neurologie an der Stanford University, Kalifornien)
im Spektrum der Wissenschaft (Mai 2003, S.101), in seinem Beitrag "Geziefer im Gehirn":

"So sind doch die meisten Menschen der festen Überzeugung, die Evolution strebe zielgerichtet nach Höherem: Wirbellose Tiere seien primitiver als Wirbeltiere, Säugetiere die am meisten entwickelten Wirbeltiere, Primaten die ausgeklügelsten Säugetiere und so weiter.
Selbst einige meiner besten Studenten fallen immer wieder darauf herein - so sehr ich auch in meinen Vorlesungen auf sie einrede. Wer aber diesem Denkmuster aufsitzt, irrt nicht nur, er ist darüber hinaus nur ein winziges Stück von der Philosophie entfernt, die auch der Menschheit eine zielgerichtete Evolution unterstellt - mit dem Nordeuropäer und seiner Vorliebe für Schnitzel und Stechschritt als vorläufiger Krone der Schöpfung!"
[Nämlich ein gar nicht so wünschenswerter 'Homo superior' per Selbstdefinition, quasi als Ausfluss anthropozentrischer Selbstgerechtigkeit - ein höchst zweifelhafter "Übermensch" als ultimativer Krone der "Schöpfung" sozusagen ...]
   
  Besonders aus der Perspektive der analytischen Ökologie sind Organismen (vom Ein- zum Vielzeller) in ihrem Funktionszusammenhang zu erkennen. Die Bewertungen "primitiv" oder "hoch entwickelt" sind irrelevante Konstrukte, da das eine ohne das andere in aller Regel - in einem schier unüberschaubaren Geflecht von Beziehungen - nicht existieren kann. Durch eine neue "Ethik" der Selbstüberschätzung scheint dieses Wissen teilweise verschüttet.
 
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Besiedlungsdichten: z.B. mitteleurop. Wiesenboden, Wälder u. ein durchschnittl. Mensch:
 

Die unten aufgelisteten Daten stammen alle aus populärwissenschaftlicher Literatur, besonders aus  Gleich et al. 2000 Life Counts - Eine globale Bilanz des Lebens Hinweis (Der Einfachheit halber werden unten nur die Seiten mit den Fundstellen genannt). Vergleicht man nun die Angaben unten mit differenzierenden wissenschaftlichen Untersuchungen, werden selten die Quantitäten erreicht, wie von Gleich et al. genannt (lesen Sie den Hinweis oben!).

Nur Regenwürmer pro m² auf einer Fettwiese:

In Untersuchungen über externer LinkAngebot und Verfügbarkeit von Regenwürmern
[date of access: 02.11.05, mittlerweile offline] im Rahmen einer Diplom-Arbeit an der Uni Zürich 1998 werden für eine Fettwiese durchschnittlich 88 Regenwürmer / m² genannt, was ungefähr der Dichte eines optimalen Mischwaldes entspricht, wo mit durchschnittlich 80 Regenwürmern / m² die höchsten Zahlen in Wäldern überhaupt gefunden wurden. Die maximalen Werte lagen bei 232 Individuen pro m². Dagegen werden von A.L. Brown (1978) "Ecology of Soil Organisms", Heinemann Edu., London, die Durchschnittswerte für einen Buchenwald mit 180 Regenwürmern / m² angegeben. Diese Angaben entsprechen etwa den Ergebnissen von Kollmannsperger (1934, zit. von Müller 1965: 151), wonach pro m² im Gartenland etwa 390, in Wiesen und Weiden 8 - 293, in Ackerland 70 - 112, in den Böden der Forsten und Holzungen 44 - 74 und im Ödland 7 - 11 Individuen gefunden wurden.

Diese kurze Anmerkung soll deutlich machen, dass die unten genannten Maximalwerte zwar nicht repräsentativ sind, in etwa aber das Mengenverhältnis der unterschiedlichen Tiergruppen aufzeigen.

 

Gesamtanzahl von Tieren auf 1 m² europäischen Wiesenbodens (bis 30cm Tiefe - eine Auswahl): (aus Gleich et al. 2000)

  • 200 Asseln
  • 400 Ameisen
  • 700 Spinnen
  • 900 Käfer und Käferlarven
  • 900 Zweiflüglerlarven
  • 1.800 Vielfüsser
  • 2.000 Regenwürmer
  • 20.000 Wenigborster
  • 40.000 Springschwänze
  • 120.000 Milben
  • 9.000.000 Fadenwürmer (Nematoden)
    (S. 21-23)


Der Mensch als Siedlungsraum:

  • 70 Billionen (70.000.000.000.000.000) Bakterien unterschiedlicher Artzugehörigkeit leben im Dickdarm eines Menschen und unterstützen die Verdauung. Ohne diese Bakterien wäre der Mensch nicht lebensfähig.
  • 300 Millionen Bakterien leben im Durchschnitt auf der Haut eines erwachsenen und gesunden Menschen.
  • 100 Millionen Bakterien aus 300 Arten leben in der Mundhöhle eines erwachsenen und gesunden Menschen.
  • Nur etwa 100.000 eingeatmete Bakterien dringen pro Tag bis in die unteren Atemwege vor.
    (
    S. 28)
 
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Die postglaziale Vegetations- und Klimageschichte (auch Ausbreitungsdynamik)
   
 

Für diese Veranstaltung ist speziell die postglaziale Klimageschichte der gegenwärtigen interglazialen Warmzeit von Bedeutung. Die Vegetationsdynamik korreliert mit der Klimageschichte und erklärt wesentlich die heutige - potentielle - Vegetationsverbreitung.

(vgl. Gerhard Lang, 1994, 'Quartäre Vegetationsgeschichte Europas' sowie Bonn & Poschlod, 1998, 'Ausbreitungsbiologie der Pflanzen Mitteleuropas').



  Abb. A1-08:

Holozäne und glaziale Temperaturänderungen sowie Vegetationsentwicklungen SE-Europas und des östlichen Mittelmeerraums.

 

Klimatisch und vegetationskundlich gliedert sich das Postglazial in (für Mitteleuropa nach Firbas 1954):

Präboreal (10.300 - 9.500BP / Vorwärmezeit mit viel Birke und Kiefer (Mesolithikum)
Boreal (9.500 - 7.500BP / Frühe Wärmezeit mit starkem Anstieg der Haselpollen (Mesolithikum)
Atlantikum (7.500 - 5.000BP / Mittlere Wärmezeit - Eichenmischwaldzeit - mit maxim. Temp. (Neolithikum)
Subboreal (5.000 - 2.700BP / Späte Wärmezeit - Abkühlung und langsame Einwanderung von Buche und Tanne (Bronzezeit)
Subatlantikum (2.700 - Gegenwart / Nachwärmezeit - starke Ausbreitung der Buche durch kühles und feuchtes Klima (Eisenzeit)

Während der Vereisung grosser Teile Nordeuropas hatten viele Arten auf isolierten Refugialstandorten (Glazialrefugien, z.B. Apenninen-, Balkan-Halbinsel, Transkaukasien) Süd- und Südost-Europas überdauert, die sich nun mit zunehmender Erwärmung kontinuierlich wieder nach Norden ausbreiteten. Mit dem Beginn der jetzigen Warmzeit, d.h. mit dem Zurückweichen weiter Eisflächen (Vergletscherungen) grosser Teile Nord-Europas, kam es - beginnend auf den nichtvereisten Steppen- und Steppentundren - zur Wiederausbreitung von Wäldern.

Wenn auch das Vordringen nach Norden weitgehend klimaabhängig war, so wurde die Ausbreitungsdynamik einiger Arten (z.B. Buche, Haselnuss) auch anthropogen gefördert, d.h. durch den Früchte sammelnden, hortenden und verbreitenden Menschen beeinflusst (vgl. Bonn & Poschlod, 1998).

   
 

In dem während der letzten Vereisung eher trockenen und kühlen Klima weiter Teile des Mittelmeergebietes mit Artemisia - Steppen in den tieferen Lagen breiteten sich nun stellenweise lichte sommergrüne und immergrüne Eichenwälder aus. Typisch mediterrane Arten, welche z.B. an den gebirgigen Südrändern des Mittelmeeres überdauert hatten, wanderten erst mit der Entstehung des ausgeprägten Mittelmeerklimas (Winterregen, heisse und trockene Sommer) ein.

 
 

Zur postglazialen Vegetations- und Florenentwicklung im Holozän, speziell zu den Gehölzwanderungen, den Ursachen des weiteren Verlaufs der Arealgeschichten und den daraus resultierenden Waldfolgen sowie den Unterschieden zwischen Einwanderung und Massenausbreitung und anthropogenen Faktoren, sei ausdrücklich noch einmal auf Gerhard Lang (1994), 'Quartäre Vegetationsgeschichte Europas", hingewiesen.

   
 
Infos zur Klimaentwicklung, lang-, mittel- und kurzfristig finden Sie unter details
 
Infos zur Bedeutung von Meeresspiegelschwankungen finden Sie unter details
  Weitere Infos unter Hyperlinks & Literatur!
 
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Die unterschätzte Bedeutung der holozänen Klimaschwankungen für Flora und Vegetation
   
 

Wie oben bereits angedeutet, hatten auch holozäne Klimaschwankungen einen erheblichen Einfluss auf die Zusammensetzung und Verbreitung von Flora und Vegetation. Häufig wird die Tragweite dieser klimatischen Fluktuationen' unterschätzt ' (W.D.Blümel, Uni Stuttgart, siehe Lit.-Angabe oben!):

Starke Ausbreitungen (auch Massenausbreitungen) und ein weites Vordringen nach Norden sowie in höhere Gebirgsregionen Mittel- Nord- und Westeuropas (über die heutigen Arealgrenzen hinaus!) erfuhren einige Arten (z.B. Buche, Hasel, Hainbuche) während des Atlantikums um etwa 7.000 und 4.500 BP (before present), einer Periode mit maximaler Temperatur - weit über der heutigen - und feuchten Bedingungen.

Ausgedehnte Torflagerstätten in den Tundrengebieten Alaskas und Sibiriens (etwa 2.500 km²) beweisen, dass die arktische Tundra postglazial lange Zeit eine Senke für Kohlenstoff war und die Baum- und Strauchvegetation wesentlich weiter nach Norden reichte (vgl. Sturm et al. 2004: Eisschmelze am Nordpol). Nach folgender Abkühlung verschwand diese (eingewanderte) Vegetation jedoch wieder.

Mit dem aktuellen Anstieg der Temperaturen (seit dem Ende der Kleinen Eiszeit) und dem partiellen Auftauen der Perma-Frostböden, erlebt die Tundra wieder ein starkes Einwandern von Gehölzarten. Sturm et al. (ibid) heben hervor, dass die globale Erwärmung in diesen Gebieten dazu geführt hat, dass die Arktis in dieser - [Übergangsphase?] - zur Nettoquelle für Kohlendioxid und Methan wurde bzw. wird.

Ebenso wie die vermutlich niedrigsten holozänen Temperaturen vor (nur) ca. 2.900 Jahren und anderen Pessima - nach den holozänen Optima vor 4.500 und ca. 7.000 Jahren - , führten neben den beiden genannten Hauptoptima (im Atlantikum) sicher auch das sogenannte 'Römische' und 'Mittelalterliche Optimum' zu Veränderungen der floristischen Zusammensetzung der postglazialen Vegetation. Hier jedoch schon ganz wesentlich unter anthropogenem Einfluss.

 
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Verschiedene Ausbreitungsmechanismen (Verteilung von Diasporen)
   
 

Zu den Mechanismen, welche für die Ausbreitung von Pflanzen verantwortlich sind, gehören die Autochorie (durch Eigenmechanismen, z.B. bei dem Springkraut / Impatiens spec., oder bei der Spritzgurke / Ecballium elaterium) und die Allochorie (Ausbreitung durch externe Faktoren), z.B.

durch Wind (Anemochorie),
durch Wasser (Hydrochorie),
durch Tiere (Zoochorie), (siehe unten!)


 Abb. A1-09:
Der körbchenförmige Blütenstand von Tragopogon pratensis L., (externer LinkWiesen-Bocksbart) deren Achänen (einsamige Schliessfrüchte) einen schirmförmigen Pappus besitzen und vom Wind (quasi als flugfähige Diasporen) verbreitet werden (Anemochorie).
Foto © H.Kehl.


Ein weiteres Beispiel für Anemochorie wird auf der Seite "Trockene Mittelbreiten - Steppen, Halbwüsten und Wüsten Eurasiens" in dem Abschnitt "Steppenläufer / Steppenroller" beschrieben.

 

Die Verbreitung durch Tiere (Zoochorie) kann unterteilt werden in:

  • z.B. Myrmecochorie (durch Ameisen),
  • z.B. Hemerochorie (durch den Menschen), global von grosser Bedeutung (Handel, Tourismus etc.),
  • z.B. durch Vögel und andere Tiere




     Abb. A1-10:

    Die schneckenförmige Hülsenfrucht von externer LinkMedicago polymorpha L. (Rauer Schneckenklee), Syn.: Medicago apiculata Willd., verhakt in einer Strähne Schafswolle (Zoochorie bzw. epi-zoochorisch).
    Foto © H.Kehl


Dass Zugvögel seit Jahrtausenden zur Ausbreitung von Pflanzenarten beitragen, wird deutlich, wenn die ungeheure Zahl der weltweit alljährlich zwischen den Kontinenten zweimal wandernden (grossen und kleinen) Vögel bedacht wird.

Schätzungen zufolge sollen weltweit etwa 50 Milliarden Zugvögel auf den drei Hauptzugwegen von Europa nach S-Afrika, von N-Asien über S-Asien nach Australien und von N-Amerika nach S-Amerika unterwegs sein. Alleine zwischen Europa und Afrika sollen es jährlich etwa 5 Milliarden Vögel sein, die potentiell Diasporen (Vermehrungseinheiten von Pflanzen) über viele tausend Kilometer (im Darm, d.h. endo-zoochorisch, oder Gefieder, d.h. epi-zoochorisch) transportieren können. So verwundert es nicht, dass auf dem Gebirgsplateau des Gilf Kebir in SW-Ägypten (östliche Zentral-Sahara) Diasporen mediterraner Arten nachgewiesen werden konnten.

 
  Weitere Quellen:
   
   
NEU: Zusammenfassung und Straffung einiger Seiteninhalte am 11./12. Aug. 2006:
   
 
"Überblick zur globalen Klimaentwicklung" jetzt auf eigener Seite: details
 
"Das Holozän - ein klimadynamisches Interglazial" finden Sie nun unter details
 
"Bedeutung der Sonnenfleckenaktivität" finden Sie nun unter details
 
"Kleine Auflistung holozäner Klimaschwankungen" finden Sie nun unter: details
 
"Klimaschwankungen während der letzten 2.000 Jahre" finden Sie nun unter: details
  ***
 
Einige Bemerkungen zur Klimadebatte und den überall 'lauernden' Katastrophen: details
   
 
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Weitere Hyperlinks zum Thema:   [last date of access: 28.10.11]
 
 

Plattentektonik (Kontinentaldrift nach externer LinkAlfred Wegener,) Einen detaillierten Überblick für den Schulunterricht und als Einstieg für Studenten finden Sie hier:

 

Vegetationsgeschichte und Fauna: externer Link"Die Grosstierfauna Europas und ihr Einfluss auf Vegetation und Landschaft", von Axel Beutler.

  • WaschbärEin langer Artikel (ohne Abbildungen und Tabellen für das Internet) aus der Schriftenreihe Natur- und Kulturlandschaft Heft 1, S. 51-106, Höxter 1996. "Aber Vorsicht, auch diese gestutzte Version ist, die nötige Aufgeschlossenheit vorausgesetzt, in der Lage, Weltbilder nachhaltig zu stören bzw. zurechtzurücken." (Axel Beutler).
     [last date of access: 29.08.06]

Vegetationsgeschichte und Fauna:

  • vgl. Sie dazu auch Anmerkungen zu den Mega-Herbivoren im Jungpleistozän und Holozän und Hypothesen zu den Ursachen ausgestorbener Tiere der nördlichen Hemisphäre auf der bisher nicht publizierten Website externer Link"Fauna 1"

Vegetationsgeschichte, "Neophyten und Naturschutz", der "Natürliche Zustand" oder "zurück zur Natur":

  • "Was sind Neophyten und Invasive Arten' von externer LinkFloraWeb.de .Definitionen, Rechtliche Rahmenbedingungen etc.
  • "'Renaturierung' heisst Annäherung an den natürlichen Zustand. Deshalb ist es nur konsequent, sich bei der Ermittlung des Leitbilds zunächst am natürlichen Zustand zu orientieren. Ich meine damit einen Zustand, der heute existieren würde, hätte es Menschen nie gegeben. Ausgehend von den Vorstellungen über den natürlichen Zustand kann man dann die auf Dauer gewollten Nutzungen des Menschen berücksichtigen und daraus das Leitbild formulieren." (Axel Beutler).
     [last date of access: 29.08.06]

Waldgeschichte:

  • Bei der Diskussion um sogenannte "natürliche Zustände" unserer Landschaft ist es hilfreich, z.B. zu wissen, dass noch im Mittelalter die Fläche des Waldes in Deutschland bzw. im westlichen Mitteleuropa nur halb so gross war wie heute. Vgl. externer Link"Der Wald kommt zurück - in den reichen Ländern" (SPIEGEL-ONLINE, Besprechung des aktuellen Artikels in PNAS von Kauppi et al. 2006, siehe unten )  [last date of access: 04.01.07]

"Artensterben":

  • Ein glossierender Artikel dazu im externer LinkNOVO-Magazin 77, 2005: Bienenfresser auf dem Vormarsch - Prognosen zur Klimaerwärmung sagen ein Massensterben von Tier- und Pflanzenarten voraus. Doch die düsteren Hypothesen sind kaum auf Fakten zu stützen, meint Michael Miersch.

    Zitat: "Ob die Klimaveränderung überhaupt ein Problem ist, hängt immer von der Perspektive ab: aus Sicht der Bienen ist die Rückkehr der Bienenfresser natürlich ein Übel."

    [date of access: 12.02.07]
   
Literatur zum Thema:  
   
 
   
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Copyright © Harald Kehl
Alumnus der TU-Berlin - Institut für Ökologie




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